Toni Wübbens, Timmel

Buch des Monats der Landschaftsbibliothek Aurich
Eine fast vergessene ostfriesische Schriftstellerin
Toni Wübbens, Ut min Dörp – Gedichte, Hannover 1910
In der ersten Hälfte des 20.Jahrhunderts gibt es nur wenige ostfrieische Schriftstellerinnen, denen es gelang, sich einen Namen zu machen. Zu ihnen gehörte neben Martha Köppen-Bode und Wilhelmine Siefkes auch Toni Wübbens.
Antonie Caroline Wübbens, genannt Toni, wurde am 15. Mai 1850 als Tochter des in Timmel tätigen Arztes Carl Wilhelm Töpfer und seiner zweiten Ehefrau Louise Lantzius-Beninga vom Gut Stikelkamp geboren. In ihren ersten 12 Lebensjahren wurde Toni geprägt von einer Welt der Fehne zwischen Stiekelkamperfehn und Großefehn mit dem alten Geestdorf Timmel als Mittelpunkt. Während sie also in einem gutbürgerlichen Ambiente aufwuchs und von einem Kindermädchen betreut wurde, wurde sie zugleich durch die alte bäuerliche Kultur im Herzen Ostfriesland geprägt. Ihrer Mutter, der der sie später in ihren Gedichten oft liebevoll gedenkt, verdankte Toni Wübbens den Sinn für die melodische Sprache der alten plattdeutschen Kinderlieder und Geschichten. 1862 zog die Familie Töpfer nach Leer. Hier besuchte Toni die von Madame Hirschmann geleitete Töchterschule, in der die sprachliche Begabung Tonis weiter gefördert wurde.
1875 heiratete Toni den Norder Kaufmann Arnold Wübbens, mit dem sie nach Hannover zog. Toni Wübbens hatte vier Kinder; den einzigen Sohn verlor sie kurz nach seiner Geburt und eine Tochter starb im Alter von 30 Jahren.
Toni Wübbens begann erst im Alter von 50 Jahren, eigene Texte zu veröffentlichen, starb aber infolge eines Verkehrsunfalls schon zehn Jahre später am 15. Dezember 1910. Ihr war also nur eine kurze Schaffenszeit beschieden. Ganz offensichtlich vermisste Toni Wübbens in Hannover ihr Idiom und ihre Heimat Ostfriesland. Denn neben der Erzählung „Stinamöh“ bilden die 26 Gedichte in dem 1910 in Hannover erschienenen Band „Ut min Dörp“ ihr Hauptwerk. Toni Wübbens Gedichte sind durchdrungen von ihrer Liebe zu dem Dorf Timmel, und gleichzeitig geprägt von den persönlichen, tragischen Erfahrungen ihres Lebens. Einfachheit und Geschlossenheit kennzeichnen ihre Lyrik, die weit entfernt ist von der damals propagierten „Heimatkunst“.
Das Dorf der Toni Wübbens ist nicht das Timmel, das sie nach vielen Jahren wieder besucht, sondern es ist das Dorf ihrer Kindheit, das ihr inzwischen fremd geworden ist und dessen sie nur noch mit Wehmut gedenken kann. Besonders in dem Gedicht „Nah Jahren“ gelingt es der Autorin, eine Stimmung zu erzeugen, die ihr subjektives Empfinden des Verlustes, ihr Bewusstsein von Veränderung und Vergänglichkeit zum Ausdruck bringt. Die Gedichte „Harwittid is komen“ und „In’t Moor“ zeigen die feine Empfindsamkeit der Verfasserin für die Natur, die hier über das eigentliche Naturempfinden hinaus eine Stimmung von Einsamkeit in Bezug auf das menschliche Leben hervorruft. Die eigene Lebenserfahrung klingt in dem Gedicht „De olle Schipperfro“ an, in der Trauer und der Resignation einer alten Frau, die ihren Mann und ihren Sohn auf See verloren hat. Gegenstand der Ballade „De Klosterbur“ ist die sagenhafte Gestaltung eines tragischen Vorfalls, der in Timmel während der Franzosenzeit vorgefallen ist. Abschließend seien dann noch ihre Gedichte über Kinder und die Gedichte für Kinder erwähnt, die den Humor der Dichterin zeigen und in die sie eine fröhliche, kindliche Stimmung hineinlegt.
Toni Wübbens hat neben dem Gedichtband und der Erzählung 1910 im Hannoverschen Tageblatt in Fortsetzungen auch den hochdeutschen Familienroman „Die Althofens“ veröffentlicht. Der Nachlass von Toni Wübbens befindet sich im Besitz der Landschaftsbibliothek in Aurich. Aus Anlass der Vorstellung zum Buch des Monats zeigt die Landschaftsbibliothek neben dem Gedichtband weitere Exponate zu Leben und Werk der Dichterin in einer kleinen Ausstellung.
Cornelia Ibbeken

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