Johann Schoon, Spetzerfehn


Johann Schoon

Text von Andreas Wojak

 

Um das Leben eines Fehntjer Literaten geht es auf einer Veranstaltung im Fehnmuseum Eiland am Donnerstag, 21. Oktober 2021, 19.30 Uhr. Heyo Onken wird eine neue DVD aus dem Zeitzeugenprojekt vorstellen: „Gespräch mit Andreas und Wolfgang Wojak über ihren Großvater – den Heimatschriftsteller Johann Schoon aus Spetzerfehn“.

Johann Schoon (1894-1968) war ein bedeutender und in ganz Ostfriesland bekannter „Schriever“, der ein umfangreiches Werk hinterlassen hat. Seit 2020 stehen große Teile davon auf einer Webseite: www.johann-schoon.de

Der Literat stammte aus einem Haus, das zum alten Teil von Spetzerfehn gehörte, in Nachbarschaft zur Schule (heute Kapelle), Friedhof und Mühle. Es beherbergte Post und Gastwirtschaft, war Bahnstation und Anlaufstelle für die Fehntjer Schiffer. Viele Menschen gingen hier ein und aus, aber trotz aller Geschäftigkeit hatte man Muße und redete miteinander, auch über frühere Zeiten: die Besiedlung des Fehns, die Franzosen-Zeit oder die Schiffer mit ihren gefährlichen Fahrten auf hoher See. Aus solchen Quellen sollte der Heimatschriftsteller ein Leben lang schöpfen.

Als Junge schon entwickelte er vielfältige geistige Interessen. Da ihm eine höhere Schulbildung versagt blieb, war er weitgehend auf sich selbst angewiesen – mit erstaunlichen Ergebnissen: Seit den 1920er Jahren veröffentlichte Johann Schoon seine literarischen Produkte in zahlreichen Zeitungen. Zuerst Balladen und Gedichte, in denen sich seine Erfahrungen im 1. Weltkrieg niederschlugen, später auch plattdeutsche Geschichten und Lyrik sowie Texte auf Hochdeutsch über seine Heimat, darunter meisterhafte Werke, die seinen Ruf als „Löns Ostfrieslands“ verbreiteten. Neben der literarischen Tätigkeit wirkte er am Hochdeutsch-Plattdeutschen Wörterbuch von Otto Buurmann mit.

Für den Broterwerb war der Fehntjer viele Jahre als Handelsvertreter der Teemarke „Teegefällig“ mit seinem Moped in Ostfriesland unterwegs.

1966 wurde er mit dem Freudenthal-Preis für niederdeutsche Literatur ausgezeichnet. –

Johann Schoon war Onkel der Lyrikerin Greta Schoon.

Die neue Webseite über Johann Schoon, zusammengestellt von seinem Enkel Andreas Wojak, vermittelt einen Eindruck von der großen literarischen Bandbreite des Heimatschriftstellers. Immer wieder und fast nebenbei wirft Johann Schoon in seinen Texten grundlegende Fragen auf: Worum geht es im Leben? Wie wichtig ist materieller Reichtum? Wie gehen wir mit der Natur um?

Kritisch sieht er die schon wenige Jahre nach dem Krieg einsetzenden Veränderungen seiner Heimat in Richtung einer industrialisierten Landwirtschaft – und gelegentlich wirft er einen, heute geradezu visionär anmutenden, Blick in die Zukunft:

„Unsere Generation hat sich unbestreitbar das größte Verdienst um die Umwandlung der Landschaft in eine Kultursteppe, um die Zerstörung des Gleichgewichts in der Natur erworben … Aber denen, die nach uns kommen, wird die Rückendeckung fehlen, um den unausbleiblichen Gegenschlag der Natur abzuwehren.“ (aus: „Sünden gegen die Natur“, verfasst um 1960)

Hier zwei Gedichte als Beispiel für Johann Schoons literarisches Schaffen:

 

Eine Stunde sei dein

Eine Stunde sei dein an jedem Tag,

Eine Stunde finde dich wesenswach,

eine Stunde allein.

 

Deine Freude ist schal, dein Leben flach,

tauch in die Tiefe und schürfe ihm nach,

leg die schweren goldenen Adern bloß,

dann wird dir das Kleine unendlich groß,

eine Stunde sei dein!

 

Der lockende Tand verrauscht, verrinnt,

nur das bleibt fest, das man täglich gewinnt:

das eigene Sein.

Sei du ein Sämann auf eigenem Feld,

bau dir ganz still eine heimliche Welt,

lass für ein Weilchen die jagende Hast,

gönn deiner Seele die kurze Rast:

Eine Stunde sei dein!

 

 

Lüttje Welt

De Dook is as een griese Müür,

dar schient kien Lucht, dar brannt kien Füür.

Dat wiekt torügg, steihst du darvör –

dat hett kien Ruut*, kien Gliev, kien Döör.

 

Dat is nicht hart, dat is nich week,

dat hett kien Klöör, is kolt un bleek.

Du höörst een Luut, weeßt nich, worher.

Du luurst darup – du höörst nix mehr.

 

Wat achtern is, dat kannst nich sehn,

du büst in d’ Kring, du büst alleen.---

Up eenmal kriggt de Müür een Schöör.**

De Wind schütt um. De Sünn kummt dör.

 

Wat di umsloot, dat is nich mehr.

De wiede Welt – de höört di weer.

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* (Fenster-) Scheibe

** Riss, Spalte